Katrin Frank, Autorin von "Knutschpogo"Unsere Autorin Katrin Frank hat ihren Roman „Knutschpogo – verliebt bis in die Haarspitzen” bei uns veröffentlicht. Ein Jugendroman, ein Liebesroman, aber auch ein Roman über die Nachwendezeit in Thüringen. Wir haben Katrin Frank befragt nach Details zum Buch, zum Schreiben und über das Erwachsenwerden.

 

Worum geht es in deinem ersten Roman im Ylva Verlag, „Knutschpogo“?

Es ist ein Roman über typische Probleme des Erwachsenwerdens: Stress mit der Familie und in der Schule, Streit mit der besten Freundin, die erste Liebe. Kurz gesagt, es geht für die 14-jährige Hauptfigur darum, ihren Platz in der Welt zu finden.

Lexi wächst in einem thüringischen Ort kurz nach der Wende auf und fühlt sich oft ausgegrenzt, weil sie von allen für einen Jungen gehalten wird. Bei dem Häuflein Punks ihrer Kleinstadt findet sie unangepasste Gleichgesinnte: Endlich wird sie wegen ihrer schrägen Punkfrisur angestarrt und nicht mehr wegen ihres androgynen Äußeren. Sie verliebt sich in ein Mädchen aus der Clique, merkt aber schnell, dass sie als dort als Lesbe nicht unbedingt so gut aufgehoben ist.

 

„Knutschpogo“ sagt uns als Wort erst mal nicht so viel. Woher kommt der Titel, und wie seid ihr darauf gekommen, das Buch so zu nennen?

Die Frage ist gut, weil schon einige Leute von mir wissen wollten, was eigentlich ein Knutschpogo sei. Also Pogo ist der Tanz, den die Punks tanzen: gegenseitiges Schubsen, Anrempeln, Anspringen, ruppiges Aneinander-Rütteln, aber nicht aggressiv, sondern respekt- und liebevoll. Tja, und wenn man das jetzt aufs Knutschen überträgt, kommt irgendwas Wildes dabei raus (lacht).

Die Idee war, im Titel die Punk- und die Lovestory unter einen Hut zu bringen, deshalb Knutschpogo. Der Untertitel rückt das Ganze noch mal in ein etwas romantischeres Licht. Wobei ich auch den Gedanken mag, dass manche keine Ahnung haben, was Knutschpogo eigentlich bedeuten soll und vielleicht aus purer Neugier nach dem Buch greifen.

 

Jugendromane sind ja bekannterweise nicht nur für Jugendliche. Viele Erwachsene lesen sie auch mit Begeisterung. Aber wer ist deine „Herzenszielgruppe“, was für Menschen hattest du beim Schreiben als Leser*innen im Kopf?

Eigentlich wollte ich ein Buch für Erwachsene schreiben, die vielleicht mal selbst Punks waren und/oder kurz nach der Wende aufgewachsen sind und sich an diese Zeit erinnern. Erst beim Schreiben fiel mir auf, dass erste Liebe und Identitätsfindungsgeschichten natürlich auch und besonders für junge Leute interessant sind. Es würde mich freuen, wenn junge Leute auch abseits der Großstädte, die mit sich hadern, weil sie ihre Andersartigkeit entdecken, sei es in puncto Liebe oder hinsichtlich ihrer (Geschlechts-)Identität, mein Buch lesen und sich denken: „Ich bin nicht allein, andere haben die Pubertät auch überlebt.“ Das fänd‘ ich schön.

 

„Knutschpogo“ spielt in der Nachwendezeit in einem kleinen Dorf in Thüringen. Hast du dazu eine biografische Verbindung? Was hast du zu der Zeit gemacht?

Wenn ich jetzt sage, dass ich 1994 13 Jahre alt war und das erste Mal mit Punk in Berührung gekommen bin, denken bestimmt viele, das Buch ist 1A autobiografisch. Ist es aber nicht. Das Setting mit Provinz, sich bekämpfenden Punks und Nazis und muffeligen Ostdeutschen, die sich von der Wende verarscht fühlen, entspricht schon meiner damaligen Lebensrealität. Aber davon, so wie Lexi mit ihren 14 Jahren schon so gefestigt in ihrem lesbischen Begehren zu sein, oder so eine coole Punkbraut wie Rosa kennenzulernen, durfte ich damals leider nur träumen.

 

Bei Punks denken die meisten Leute vermutlich erst mal an Männer. Wie bist du darauf gekommen, über lesbische Punks zu schreiben?

Ich hatte Rocko Schamonis „Dorfpunks“ gelesen. Es erzählt, wie er als Jugendlicher in einem schleswig-holsteinischen Kaff aufwächst und den Punk für sich entdeckt. Plötzlich hat alles eine Bedeutung und wird aufregend, selbst wenn er nur mit seinen Kumpels an der Bushalte abhängt. Obwohl ich das Buch sehr mochte, dachte ich gleichzeitig: Wieder eine Geschichte eines weißen, westdeutschen Hetero-Typen, der Punk wird. Was ist denn mit den Frauen? Und was mit dem Osten? Und was ist mit lesbischen Punks? Ich finde, da gibt es viel zu wenige Geschichten.

Die Typen halten sich schon für spannend, wenn sie an ihrem Mofa rumschrauben oder sich in der Dorfdisco mit Prolls kloppen. Für Frauen ist es in der Punkszene ungleich schwerer, weil sie nicht nur mit Leuten zu kämpfen haben, die ihr Anderssein nicht akzeptieren (seien es Eltern, Spießer, Nazis oder dergleichen), sondern weil sie oft zusätzlich mit dem Sexismus ihrer eigenen Kumpels konfrontiert sind. Als ich damals Punk wurde, hatten fast alle Punkfrauen etwas mit einem der Typen aus der Clique und erhielten nur dadurch ihre Berechtigung, obwohl sie genauso Punk waren und überall mitmischten. Solche Geschichten wollte ich erzählen. Und natürlich von der Liebe (lacht).

 

In deinem Buch kämpfen die Punks ja gegen die Nazis in ihrer Stadt. Die beiden Mädchen in deinem Buch sind ganz schön mutig, oder?

Ja, das kann man so sehen. Ich glaube, für viele, die in einem Dorf oder einer Kleinstadt aufwachsen und sich einer Subkultur zurechnen, bleibt die Auseinandersetzung mit Nazis oder derlei Grässlichkeiten nicht aus. Bei den Punks in „Knutschpogo“ geht es um ganz grundsätzliche Dinge, zum Beispiel: Wer darf sich weiterhin auf dem Marktplatz treffen und wer nicht? Als die Nazis den Platz für sich beanspruchen und dort ein Tattoo-Studio eröffnen wollen, sehen sich die Punks verdrängt.

Ich denke, Kampf gegen Nazis ist in der Provinz oft purer Überlebenskampf, weil man sich ständig über den Weg läuft und die öffentlichen Orte, an denen man sich treffen kann, begrenzt sind. Man will sich natürlich weiterhin frei in seiner Stadt bewegen können oder am Wochenende in die einzige Disco am Ort gehen, ohne auf die Schnauze zu kriegen. Und dann muss man etwas tun, egal ob Mädchen oder Junge. Wobei die Nazis damals nach der Wende noch oft (aber nicht immer!) den „Ehrenkodex“ hatten, keine Frauen zu schlagen. Das hat sich inzwischen ja auch geändert.

 

Was fiel dir beim Schreiben schwer?

Schwer fielen mir beim Schreiben vor allem die Liebesszenen zwischen Rosa und Lexi. Ich hab‘ etwas geschrieben und dann gedacht: Dürfen die das wirklich schon machen? Lexi ist doch gerade mal 14. Wenn das meine Kinder wären, gäbe es solchen Schweinkram frühestens ab 17 (lacht). Da musste ich also versuchen, die Sicht meines älteren Ichs abzulegen und wieder an den Punkt zu kommen: Klar dürfen die das, haben wir doch damals auch so gemacht, hehe.

Aufpassen musste ich auch mit der Jugendsprache. Anfang der Neunziger gab es zum Beispiel das Wort „krass“ noch nicht, womit man heute vieles kommentieren würde. Die Figuren im Buch sagen also so Sachen wie „megageil“ oder „echt ätzend“. Hat mir viel Spaß gemacht, mich mit der damaligen Sprache zu beschäftigen, da kamen einige Erinnerungen an meine Jugend wieder hoch.

 

Katrin Frank, Autorin von "Knutschpogo"Katrin Frank wurde 1981 in Suhl geboren und wuchs in einem kleinen Dorf im Süden Thüringens auf. Nach dem Abitur verschlug es sie zum Studium ins hessische Marburg, wo sie erste Prosatexte und Lyrik in unabhängigen Szenezeitschriften veröffentlichte. Seit 2010 lebt sie als freie Schriftstellerin und Lektorin in Berlin. 2016 erschien ihr Debütroman „Dienstag: Homobar“. Ihr zweiter Roman „Knutschpogo – verliebt bis in die Haarspitzen” ist bei uns im Ylva Verlag erschienen.

Katrin Frank über Knutschpogo, Punk und die lesbische Dorfjugend
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One thought on “Katrin Frank über Knutschpogo, Punk und die lesbische Dorfjugend

  • 20. Juli 2018 um 03:49
    Permalink

    Liebe schnatti…
    Irgentwie bin ich stolz auf dich…
    Auch wenn wir uns schon lange nicht mehr gehört… gesehen haben.
    Ich werde mir gleich morgen das Buch bestellen…
    Lieber Gruß.
    Deine Kröte…

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