Kürzlich erschien Küsse im Schneesturm , ein romantischer Lesbenroman, in dem Sturm und Schnee es schaffen, zwei einsame Herzen zu erwärmen. In diesem Interview erzählt Autorin Ina Steg uns unter anderem davon, warum das Schnitzen die emotionale Verbindung ihrer Protagonistinnen untermalt und wie die Norweger mit fehlendem Tageslicht umgehen.
Erzähl uns doch bitte kurz, wovon dein romantischer Lesbenroman Küsse im Schneesturm handelt.
Die Journalistin Zoe begibt sich mitten in der Weihnachtszeit in ein fremdes Land. Sie hat den Auftrag, über eine Firmenübernahme in Norwegen zu berichten. Ein beliebter Spielzeugfigurenmacher ist plötzlich verstorben und so trifft Zoe auf seine charmante Tochter, Helen, die Firmenerbin. Die beiden finden sich direkt sehr anziehend, jedoch weiß Helen nicht, unter welch enormen Druck Zoe steht. An dem Artikel hängt ihre Stelle, zudem verdichten sich die Hinweise auf ein Familiengeheimnis. Wir begeben uns mit den beiden in Stürme und Schnee, erleben den Zauber der Weihnacht und die Kraft der Liebe.
Was können Leser*innen von deinen beiden queeren Protagonistinnen lernen?
Beide handeln stets sehr zukunftsorientiert und überhören dabei oft ihr Bauchgefühl. Erst ihre Gefühle füreinander bringen sie dazu, wieder mehr im jeweiligen Moment aufzugehen und nachzuspüren, was sie jetzt gerade brauchen und was ihnen gut tut. Ich beobachte das auch oft bei mir. Meine Gedanken sind mir bereits voraus und dabei übersehe ich oft zu viel um mich herum.
Zoe und Helen können auch mal albern und frech sein, was ich sehr mag. So wird ein alltäglicher Augenblick zu einem besonderen, aus dem sie mit einer schönen Erinnerung und einer tieferen Lachfalte hervorgehen.
Ohne den Leser*innen bereits zu viel zu verraten, was ist einer deiner Lieblingsmomente in deinem Roman?
Es gibt einige Momente, in denen Zoe etwas über das Schnitzen lernt und anderen dabei zusehen darf. Mich ziehen die Hände von Menschen immer in den Bann. Sie erzählen ihre ganz eigene Geschichte und können viel über die Person verraten. Es wäre schön, wenn wir als Hobby etablieren könnten, anderen beim Malen zuzusehen. Ich wäre sofort dabei.
Beim Schreiben durfte ich mit Zoe ganz in dieser Beobachtung aufgehen und verschiedene Hände betrachten sowie ihre Bewegungen, die Falten, feine Muttermale, tanzende Sommersprossen und die blauen Flüsse unter der Haut beschreiben.
Dein romantischer Lesbenroman spielt zum Großteil in Norwegen. Wie hast du dafür recherchiert und was ist dein liebster Aspekt der norwegischen Kultur, den du den Leser*innen in deiner LGBT+ Neuerscheinung vermittelst?
Ich habe viele Interviews mit Auswander*innen gelesen und Beiträge von Menschen, die eine längere Zeit in Norwegen gelebt oder das Land bereist haben. Mich faszinieren die extremen Lichtverhältnisse und wie es Menschen schaffen, sich diesen Gegebenheiten anzupassen. Im Norden des Landes (dort befindet sich die Stadt Tromsø) klettert die Sonne ab Ende November für zwei Monate nicht mehr über die südlich gelegenen Bergketten. Tagsüber herrscht somit das Licht, wie wir es von der Dämmerung in Deutschland kennen, doch es gibt etliche Nuancen darin, die sehr geschätzt werden.
Viele begegnen diesem Extrem mit Kerzen und Lichterketten, zuweilen auch mit verstärktem Kaffeekonsum und D2-Vitamintabletten. Jeder Wandel wird von Feierlichkeiten oder mit traditionellem begleitet, zum Beispiel gibt es in den Bäckereien Gebäckstücke, ähnlich unseren Berlinern (Pfannkuchen), die mit dunkler Schokolade überzogen oder mit einer hellen Creme gefüllt sind.
Ich werde bei einer geschlossenen grauen Wolkendecke nach drei Tagen unglücklich und bewundere es deswegen sehr, wie die unterschiedlichsten Kulturen mit den Gegebenheiten der Natur zu leben lernen.
Dein romantischer Lesbenroman behandelt unterschiedlichste Themen und Motive – über welche schreibst du am liebsten?
Ich schreibe gern darüber, worauf die Figuren neugierig sind und wie sie den Mut finden, über ihre eigenen Grenzen zu gehen. Wieso ist Robin aus Eine Diebin zum Verlieben zu einer Diebin geworden? Was fasziniert Laura aus Letzte Zutat Liebe so sehr am Weltall, dass sie Astronautin geworden ist? Woher nehmen sie ihre Kraft und was motiviert sie jeden Tag? Was löst die Liebe in ihnen aus, damit sie dafür alles riskieren?
Außerdem betrachte ich gern intensiv die vielen verschiedenen Gefühlsebenen in uns. Warum verlieben wir uns? Was macht andere für uns attraktiv? Gerade beschäftige ich mich beim Schreiben mit der Tatsache, dass Liebe ja keine begrenzte Ressource in uns ist. Aber was bedeutet es, mehrere Menschen zu lieben, für mich und für die anderen? Welche Erwartungen gibt es, wenn man jemandem sagt, dass man ihn liebt. Was bedeutet es zu lieben, ohne gleich eine Beziehung zu wollen?
Ich finde es sehr aufregend, die Leser*innen auf diese Abenteuer mitnehmen zu dürfen und wenn ich dann noch Rückmeldungen zu den Geschichten bekomme, ist das für mich ein wundervolles Geschenk.
Ina Steg wuchs zu Beginn der Achtziger in Nordrhein-Westfalen auf. Geschrieben hat sie als junger Mensch vor allem Weihnachts- und Glückwunschgedichte, die sie sich dann nie vorzutragen traute.
Geschichten schreibt sie, um von besonderen und inspirierenden Menschen zu erzählen. Ihre Texte verfasst sie am liebsten per Hand – dabei sitzt sie im Park unter alten Bäumen und isst Streuselkuchen. In ihrer Freizeit besucht Ina Steg oft das Theater oder erkundet mit ihrer Partnerin verfallene Ruinen. Das Geld dafür verdient sie bei einem Job unter Tage: In alten Dokumenten gräbt sie nach Wissen.