Wenn Sie unseren Blog regelmäßig verfolgen, haben Sie vermutlich die Blog Posts gelesen, in denen wir Autorinnen raten, zu „zeigen“ statt zu „behaupten“ und sich an eine Erzählperspektive zu halten. Ein damit verwandtes Problem, das wir oft in Manuskripten antreffen, ist der sogenannte „Infodump“.

Was ist ein „Infodump“?

Man bezeichnet es als „Infodump“, wenn der Autor eine große Menge an Informationen auf einer Stelle „ablädt“ (Englisch: info dumping).

Meistens schüttet ein Autor den Leser mit Informationen zu bei:

  • Historischen oder technischen Beschreibungen; sie kommen also besonders häufig in historischen Romanen, Science Fiction und in Fantasy-Romanen vor, z.B. lange Erläuterungen, wie ein Überlichtgeschwindigkeits-Antrieb oder die Gesetze der Magie funktionieren.
  • Beschreibungen des Schauplatzes, z.B. Sie sah aus dem Fenster und erinnerte sich dabei an ihre Heimatstadt…, gefolgt von einer langen Beschreibung der Stadt, in der sie aufwuchs.
  • Beschreibungen des Aussehens oder der Persönlichkeit eines Charakters.
  • Erklärungen zum Hintergrund und der Vorgeschichte („backstory“) eines Charakters. Als Vorgeschichte bezeichnet man alles, was vor der ersten Szene des Romans passiert ist.

Was ist schlecht an “Infodumps” und “backstory”?

Das Problem mit großen Brocken an Information ist, dass sie die Handlung ausbremsen. Die Vorwärtsbewegung des Romans stoppt und es geschieht nichts, während der Autor dem Leser etwas erläutert. Das ist eine Form von Behaupten, statt zu zeigen, und das reißt den Leser aus der Geschichte heraus. Viele Leser sind dann versucht, ein paar Absätze oder Seiten zu überspringen bis zu dem Punkt, wo endlich die Handlung weitergeht. Wenn das zu oft passiert, legt der Leser das Buch schließlich ganz zur Seite und rührt es nie wieder an.

Zu viele Informationen zur Vorgeschichte sind besonders im ersten Kapitel problematisch, weil der Leser hier noch nicht involviert genug in die Gegenwart der Charaktere ist.

Die meisten Infodumps verletzen auch die Erzählperspektive. Die Hauptfigur kennt ihre Welt und ihre Vorgeschichte gut und nimmt das als selbstverständliche Gegebenheit hin, deshalb braucht sie einen sehr guten Grund, warum sie über ihre Heimatstadt, ihre Kindheit oder darüber nachdenkt, wie ihre magischen Fähigkeiten funktionieren.

Aber muss ich die Leser nicht mit der Vorgeschichte meiner Hauptfiguren vertraut machen, damit die Leser meine Hauptpersonen verstehen und mögen?

Ja, Leser müssen nachvollziehen können, warum sich die Charaktere so verhalten, wie sie es tun. Die Motivation für das Verhalten der Charaktere liegt oftmals in ihrer Vergangenheit, deshalb ist es verständlich, dass manche Autoren die Vorgeschichte der Charaktere so bald wie möglich enthüllen möchten.

Das Problem daran ist, dass dem Leser anfangs noch nichts an den Charakteren liegt. Leser müssen erst von der Gegenwart der Charaktere gefesselt sein, bevor sie sich für deren Vergangenheit interessieren.

Wie kann ich die Vorgeschichte meiner Charaktere oder andere Informationen so einfließen lassen, dass ich die Geschichte damit nicht ausbremse?

  • Streuen Sie Informationen zur Vorgeschichte stückchenweise in die Geschichte ein—hier ein Satz, da ein Satz, nicht in absätze- oder gar seitenlangen Klumpen.
  • Vermeiden Sie Informationen über die Vergangenheit im ersten Kapitel. Dafür ist später im Buch noch Zeit.
  • Enthüllen Sie die Vergangenheit Ihrer Charaktere schrittweise. So lernen wir normalerweise ja auch neue Bekannte kennen. Wir finden nicht alles über sie schon nach einer Minute heraus.
  • Fragen Sie sich bei jedem Stückchen Information, das Sie in ihre Geschichte einbauen: Muss der Leser das wirklich wissen, um die Geschichte zu verstehen? Muss der Leser das jetzt wissen? Geben Sie dem Leser nur so viel Informationen, wie er braucht, um die aktuellen Ereignisse in der Geschichte zu verstehen. Vertrauen Sie darauf, dass der Leser versteht, was passiert, ohne dass Sie jede Erläuterung vorkauen müssen. Wenn Sie nicht sicher sind, lassen Sie die Information raus und legen Sie die Geschichte ein paar Testlesern vor, um zu sehen, ob sie es verstehen oder mehr Erklärungen benötigen.
  • Enthüllen Sie Informationen in Dialogen. Aber vermeiden Sie „wie du ja weißt, Bob“ Dialoge, in denen ein Charakter einem anderen etwas erzählt, was sie beide längst wissen, z.B. „Wie du ja weißt, Bob, war das vergangene Jahr wirklich schwierig für mich…“
  • Wenn ein Charakter sich an etwas aus ihrer Vergangenheit erinnert, verwenden Sie einen Trigger in der Gegenwart, etwas, was die Erinnerung auslöst, z.B. der Geruch von Zimtsternen lässt sie an ihre Großmutter denken.
  • Deuten Sie die Vergangenheit der Charaktere durch ihre Handlungen in der Gegenwart an, z.B. wenn eine Frau zurückzuckt, wenn jemand die Hand hebt, schließen wir daraus, dass sie in der Vergangenheit misshandelt wurde.
  • Lassen Sie den Leser Informationen zur selben Zeit wie Ihre Hauptfigur entdecken.
  • Widerstehen Sie der Versuchung, dem Leser jedes kleinste Detail Ihrer Recherchen oder Charakterskizzen mitzuteilen. Verwenden Sie das Eisberg-Prinzip: Der Großteil der Information, die Sie gesammelt haben, sollte für den Leser unsichtbar bleiben und nur die Spitze sollte sichtbar sein.
  • Überprüfen Sie, ob Sie die Geschichte am richtigen Punkt begonnen haben. Wenn die Vorgeschichte, die Sie dem Leser im ersten Kapitel mitteilen, wirklich so wichtig ist, sollten Sie die Geschichte vielleicht mit diesen Ereignissen beginnen lassen.
  • Führen Sie einen Charakter ein, der neu in dieser Umgebung ist und einen logischen Grund hat, Fragen zu stellen. Bitte lassen Sie den Charakter dann aber weiterhin eine wichtige Rolle in der Geschichte spielen und lassen Sie ihn nicht einfach verschwinden, nachdem er Ihnen die Gelegenheit gegeben hat, die Information niederzuschreiben.
  • Bleiben Sie streng in der Erzählperspektive. Geben Sie dem Leser keine Information, über die die Person, aus deren Perspektive Sie erzählen, in dem Moment gar nicht nachdenken würde.
  • Bauen Sie Beschreibungen des Schauplatzes in die Handlung ein. Statt statischer Beschreibungen, lassen Sie Ihre Charaktere durch den Schauplatz laufen und mit ihm interagieren. Beispiel: Statt zu sagen Der Saal war groß, könnten Sie sagen: Ihre Schritte hallten durch den Saal.
  • Dasselbe gilt für Beschreibungen der Charaktere. Benutzen Sie dynamische Verben statt statischer Beschreibungen. Beispiel: Statt zu schreiben Sie war eine traurige Frau und hatte blaue Augen, könnten Sie sagen: Tränen glänzten in ihren blauen Augen. Bedenken Sie auch, dass Sie nicht jeden Charakter, sobald Sie ihn einführen, von Kopf bis Fuß beschreiben müssen. Die Hauptfigur kann nach und nach mehr Details an den anderen Charakteren wahrnehmen.

Wenn Sie unsere Reihe zum Thema Schreibtipps verfolgt haben, ist Ihnen sicher aufgefallen, wie sehr die verschiedenen Elemente einer Geschichte miteinander zusammenhängen. Eine einheitliche, klare Erzählperspektive kann zum Beispiel „Infodumping“ verhindern.

Besuchen Sie unseren Blog im Januar wieder. Dann werden wir über weitere Elemente einer guten Geschichte bloggen.

Infodump
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