Glück braucht kein Drehbuch von A.L. Brooks

A.L. Brooks befasst sich mit den altersdiskriminierenden Tendenzen im Filmgeschäft, unterschiedlichen Coming-out-Erfahrungen und der Frage, wie man sich selbst treu bleiben kann – und das alles in einem knisternden lesbischen Liebesroman. In diesem Interview spricht sie mit uns über ihre queere Neuerscheinung „Glück braucht kein Drehbuch “.

Kannst du uns in deinen eigenen Worten sagen, worum es in deinem neuen lesbischen Liebesroman geht? Und wie hängt diese Geschichte mit deinem Roman „Die Liebe wagen“ zusammen?

Die Geschichte dreht sich um Tamsyn Harris, eine berühmte britische Schauspielerin. Sie ist 51 Jahre alt und kommt an den Punkt in ihrer Karriere, an dem die Film- und Fernsehrollen weniger werden – sie gilt als zu alt für die Hauptrollen in romantischen oder eher actionlastigen Filmen, aber zu jung, um Großmütter usw. zu spielen. Sie ist frustriert und wütend über die Art und Weise, wie Frauen ihres Alters in den Medien behandelt werden, und gerät am Set ihres neuesten Films mit einem Regisseur in eine Auseinandersetzung.

Ihre Agentin Carmen schlägt ihr vor, sich für ein paar Wochen zurückzuziehen, um zur Ruhe zu kommen, und mietet sie in einem ruhigen Cottage in Norfolk ein. Dort trifft Tamsyn auf die Bewohnerin eines anderen Cottage auf dem Gelände, Maggie. Sie ist eine Schriftstellerin, die unter Burn-out leidet, nachdem sie zahlreiche Romane unter zwei verschiedenen Pseudonymen in zwei sehr unterschiedlichen Märkten geschrieben hat.

Die beiden fühlen sich sofort zueinander hingezogen, sehr zu Maggies Überraschung, da Tamsyn nicht öffentlich geoutet ist. Während sich ihre Beziehung vertieft, muss sich Tamsyn der Frage stellen, was ihre Verschlossenheit für ihr Leben bedeutet hat und ob sie sich weiterhin verstecken will.

Die Geschichte ist durch die Figur der Carmen mit „Die Liebe wagen“ verbunden. Sie ist Tamsyns Agentin und Freundin in „Glück braucht kein Drehbuch“ und spielt eine entscheidende Rolle, als Tamsyn sich damit auseinandersetzt, was sie wirklich vom Leben will. Und dadurch erkennt Carmen auch, was ihr in ihrem eigenen Leben fehlt, und genau da setzt ihre Geschichte in „Die Liebe wagen“ an.

Inwiefern sind sich „Glück braucht kein Drehbuch“ und „Die Liebe wagen“ ähnlich oder unterscheiden sich voneinander?

Sie ähneln sich insofern, als sie beide Aspekte des Coming-out behandeln. Für Tamsyn geht es nicht um die Erkenntnis ihrer eigenen Sexualität, die sie schon vor Jahrzehnten herausgefunden hat. Es geht darum, ob sie sich öffentlich outen kann und was das für ihre künftige Karriere bedeuten würde.

Für Carmen in „Die Liebe wagen“ ist es die überraschende Entdeckung im Alter von 43 Jahren, dass sie sich zu Frauen hingezogen fühlt. Nun, zu einer Frau im Besonderen, Ash. Daher sind sowohl Tamsyn als auch Maggie gute Gesprächspartnerinnen für Carmen, um über ihre aufkeimenden Gefühle zu sprechen, da sie beide denselben Prozess durchgemacht haben, wenn auch in einem viel jüngeren Alter.

In beiden Büchern wollte ich erkunden, was ein Coming-out für Menschen in unterschiedlichen Situationen bedeutet. Diejenigen von uns, die sich geoutet haben, wissen, dass es nicht leicht ist und dass es nie eine einmalige Sache ist – ich bin vor mir selbst und meiner Familie seit über 30 Jahren geoutet, aber ich „oute“ mich wahrscheinlich mindestens sechs- oder siebenmal im Jahr, zum Beispiel gegenüber neuen Arbeitskolleg*innen oder Mitschüler*innen in meinem Deutschkurs usw.

Für Tamsyn war das nie möglich, weil sie schon früh in ihrer Karriere die Entscheidung getroffen hat, dass ein Outing zu schädlich wäre. Carmen befindet sich in „Die Liebe wagen“ in einer völlig anderen Situation. Die späte Erkenntnis, dass ihre Sexualität nicht zu 100 % heterosexuell ist, wird sich nicht auf ihre Karriere auswirken, aber die innere Verwirrung, die sie damit auslöst, ist das Wichtigste, mit dem sie zurechtkommen muss. In beiden Büchern steht also jede der Hauptfiguren vor einer großen Entscheidung in ihrem Leben, die mit ihrer Sexualität zu tun hat, allerdings auf sehr unterschiedliche Weise.  

Was, glaubst du, werden die Leser*innen von lesbischen Liebesromanen am meisten an dieser Geschichte lieben?

Ich denke, den Leser*innen wird die Chemie zwischen Tamsyn und Maggie gefallen, die von Anfang an stark und sehr sexy ist. Aber auch, wie sich diese Beziehung von etwas Körperlichem zu etwas viel Größerem entwickelt, etwas, das Tamsyns lang gehegte Überzeugungen wirklich infrage stellt, und sie unsicher macht, wie sie auf diese Situation reagieren soll.

Und ich denke, alle Leser*innen werden sich auch in Maggies Hund Gizmo verlieben, der supersüß ist!

Deine lesbischen Protagonistinnen Tamsyn und Maggie sind beide berühmt in ihren Berufsfeldern. Wie unterschiedlich wirkt sich ihre Berühmtheit auf ihr Privatleben und ihre psychische Gesundheit aus?

Die psychischen Folgen des Erfolgs waren definitiv ein Thema, auf das ich mich in dieser Geschichte konzentrieren wollte. Tamsyn ist erfolgreich, aber einsam, ob sie es zugeben will oder nicht. Maggie ist erfolgreich, aber erschöpft.

Als sie sich im Urlaub in Norfolk treffen, sind sie beide verletzlich und stellen vieles in ihrem Leben infrage. In dieser Hinsicht ist das leidenschaftliche Abenteuer, das sie beginnen, für beide ein gutes körperliches Ventil. Aber sobald Gefühle ins Spiel kommen, nicht nur Lust, erkennen sie auch, dass ihre Lebensumstände eine Beziehung nicht zulassen, ohne dass sich etwas ändert. Und diese Veränderungen und wie sie damit umgehen, stehen im Mittelpunkt des zweiten Teils des Buches.

Was war deine Lieblingsszene in „Schreib dein eigenes Drehbuch“?

Oh, das ist eine schwierige Frage! Es gibt ein paar Lieblingsszenen.

Aber wenn du mich zwingst, eine auszuwählen, dann würde ich sagen (ohne Spoiler!): Es ist die Szene, in der Carmen nach Sardinien reist, um Tamsyn zu besuchen, die eine Krise wegen eines Buches hat, das sie gerade gelesen hat. Die Erkenntnis, die Carmen Tamsyn entlockt, ist so wichtig, und ich habe beim Schreiben richtig mitgefühlt.

Gibt es etwas Besonderes, das du gern machst, um die Veröffentlichung eines neuen lesbischen Liebesromans zu feiern?

Nun, ich trinke immer gerne ein gekühltes Glas Sekt, um zu feiern!

Allerdings nicht gleich am Morgen des Erscheinens des Buches, wie ich hinzufügen möchte – ich warte bis zum Abend!


A.L. Brooks wurde in Großbritannien geboren, hat über die Jahre aber an den entferntesten Orten wie Australien gelebt und wohnt nun in Frankfurt, Deutschland. Sie arbeitet im Finanzsystem und träumt davon, in verfrühten Ruhestand zu gehen, um die Welt bereisen, Unmengen von Büchern lesen und noch mehr schreiben zu können. Am liebsten sofort.

 

Eine Autorin lesbischer Liebesromane und die Schauspielerin, in die sie verknallt ist, treffen sich im Urlaub

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