Ein Genre nicht nur für die Jugend
Tolkien fand es unsinnig, zwischen Literatur für Kinder und Erwachsene zu trennen. Die wachsende Beliebtheit von All-Age-Romanen scheint ihm zumindest teilweise recht zu geben. Wo in den Buchhandlungen früher noch kunterbunte Kinder- und Jugendbücher ihre eigene Ecke hatten, stöbern nun Teenager und junggebliebene Erwachsene in derselben Abteilung nach neuem Lesestoff.
Identitätsfragen für alle Altersgruppen
Keine verwunderliche Entwicklung: All-Age-Romane beschäftigen sich zwar nicht selten mit den Themen rund ums Erwachsenwerden, zeichnen sich aber neben den anspruchsvollen Inhalten auch immer durch eine spannende Handlung aus – ein gutes Erfolgsrezept für Leser_innen aller Altersgruppen. Neben der ersten Liebe und Beziehungen geht es oft um das Entdecken der eigenen Identität, Individualität oder um den Umgang mit dem Tod. Für viele Menschen sind das heutzutage Themen, die mit Erreichen der Volljährigkeit noch längst nicht abgeschlossen sind – und deshalb auch in den folgenden Lebensjahren ansprechenden Lesestoff bieten. Als gute Beispiele dienen da z. B. „Steingesicht“ von Karen-Susan Fessel und „Ein Happy End ist erst der Anfang“ von Becky Albertalli.
Queere Coming-of-Age-Geschichten
In unseren deutsch- und englischsprachigen lesbischen All-Age-Romanen geht es für die LGBT-Protagonistinnen dabei natürlich nicht selten um die Entdeckung der eigenen Sexualität, um Coming-Outs oder um Gender-Identitäten. Ehe die jungen Frauen ihren eigenen Platz in der Welt finden können, müssen sie erst einmal sich selbst finden. Manchmal geschieht das vor dem Hintergrund der Nachwendezeit zwischen Nazis, Punks und Dosenbier, ein andermal findet sich eine orthodoxe Jüdin in der queeren Szene von New York City wieder. Nicht selten steht dabei die Frage im Vordergrund, welchen Preis sie dafür zahlen müssen, sie selbst sein zu dürfen.