astrid_profilfoto Immer wieder werde ich von Freund_innen, Bekannten und sogar meinen Eltern gefragt, was ich eigentlich den ganzen Tag so mache. Weil, die Bücher werden ja von den Autor_innen geschrieben. Was bleibt da noch an Arbeit für mich?

Also habe ich mich hingesetzt, mir mal einen typischen Dienstag aus dem Kalender gepickt und notiert, wie ein ganz normaler Arbeitstag bei mir aussieht.

Dazu muss ich natürlich noch sagen, dass die Besonderheit bei uns ist, dass wir sowohl deutsche, als auch englischsprachige Titel veröffentlichen und international tätig sind. Unsere Autor_innen sitzen in Deutschland, Australien, Kanada, den USA, den Niederlanden, in England, Schottland, Nordirland, in Griechenland und in Spanien. Zu meiner großen Freude habe ich übrigens gerade das Manuskript zweier indischer Autorinnen auf dem Schreibtisch liegen.

6:00 Uhr: Von Frühling bis Herbst ist das die typische Uhrzeit, zu der ich aufwache. Mein erster Griff gilt dem Tablet, das auf dem Nachttisch liegt. Das Checken von Outlook, Facebook, Twitter und Tumblr gehört zur ersten Tat, um zu wissen, was auf mich zukommt und ob über Nacht etwas wichtiges passiert ist. Und das ist meistens so, da wir ja den Großteil unserer Bücher im englischsprachigen Raum veröffentlichen und meine Inbox meistens mit zwischen 50 – 100 Mails pro Nacht gefüllt wird. Leider muss ich die meisten davon dann auch beantworten. Und dauernd irgendwelche Entscheidungen treffen. Der Fluch des papierlosen Büros…

6:30 Uhr: Ab unter die Dusche. Dabei denke ich über die erhaltenen Mails oder das, was ich in der Social Media gelesen habe, nach.

7:00 Uhr: Ein oder zwei Tassen Kaffee, ein Teller mit Weetabix (meine bevorzugten Cereals) oder eine Scheibe Brot, ein paar Seiten Zeitung, um auf dem Laufenden zu bleiben. Das ist mir wichtig, weil es ja durchaus noch ein Leben und eine Welt außerhalb des Verlages gibt.

 7:45 Uhr: Ich versuche mich dazu zu zwingen, mindestens eine halbe Stunde spazieren zu gehen. Das klappt leider nicht immer – wenn, dann bin ich allerdings hinterher immer froh, dass ich es gemacht habe. Es hilft, den Kopf noch einmal richtig frei zu bekommen, bevor es an den Schreibtisch geht. Manchmal höre ich unterwegs auch ein Hörbuch, weil ich sonst gar nicht mehr dazu komme, gute Bücher anderer Verlage zu lesen/hören.

8:30 Uhr: Zurück im Büro. Als erstes checke ich die E-Book Verkäufe des Vortages. Erfreulicherweise ist es relativ einfach, nachzuvollziehen, wie viel Geld wir wann von welchen Plattformen bekommen werden. Und so kann ich gut mein eigenes Controlling betreiben. Schließlich müssen wir als Verlag für alle Bücher, die wir veröffentlichen in Vorlage treten; da muss ich wissen, ob und dass wir auch genug Geld haben, um die Rechnungen der Lektorinnen, Cover Designer, Druckerei (und viele mehr) zu bezahlen. Danach fange ich an, Mails zu priorisieren und zu beantworten.

10:00 Uhr: Irgendwann zwischendurch ist meine Frau ins Büro gekommen und gegen 10:00 Uhr kommt auch Steffi, unsere Social Media Expertin. Nicht täglich, aber sehr oft setzen wir uns dann zusammen und besprechen die Projekte, die wir auf unseren Schreibtischen haben. Das können die nächsten Veröffentlichungen und Konferenzen, auf denen wir sein werden sein oder laufende und anstehende Social Media Kampagnen.

10:30 Uhr: Die Zeit bis zum Mittagessen nutze ich weiter für Mails oder auch um in der Social Media aktiv zu sein. Letzere ist für uns ein echter Segen, weil dies Plattformen es uns ermöglichen, mit unseren Leser_innen weltweit in Verbindung zu sein. Diese sitzen in Deutschland von der hohen Nordsee/Ostseeküste bis ins tiefste Bayern und weltweit von den USA/Canada über Saudi Arabien und den Philippinen bis nach Russland und/oder Australien. Und anscheinend auch Indien, wie das neueste Manuskript zeigt. Zu sehen, dass unsere E-Books in Ländern gekauft werden, in denen LGBTQ+ Rechte mit Füßen getreten werden, macht mich wirklich sehr glücklich. Aber auch traurig und wütend. Ein Happy End können viele unserer Leser_innen wirklich nur in Büchern finden.
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13:00 Uhr: Mittagessen. Dreimal die Woche sogar zu dritt, wenn Steffi ebenfalls im Büro ist. Beim Kochen wechseln wir uns oft ab und die gemeinsame Zeit beim Mittagessen geht immer sehr schnell rum, weil es uns an Gesprächsthemen nie mangelt. Zum Beispiel gucken wir alle sehr gern Serien. Allein darüber könnten wir uns tage- und wochenlang unterhalten.

14:00 Uhr: Müde wieder am Schreibtisch. Jetzt kommt die Zeit, in der entweder Skype Calls anstehen (täglich mindestens einen mit Autor_innen oder Mitarbeiter_innen, die vor allem in den USA oder Australien wohnen).

16:00 Uhr: Kleine Kaffeepause. Manchmal alleine, manchmal mit einer weiteren kaffee- oder teesüchtigen Person.

16:15 Uhr: Leider bin ich nicht besonders diszipliniert, wenn es darum geht, nicht dauernd in die Inbox zu schauen. Vor allem, weil große Teile der Welt jetzt erst wach und am Arbeitsplatz sind. Gerne mache ich jetzt auch genau aus dem Grund noch einmal eine Social Media Runde… es gibt neue Bücher anzukündigen, Nachrichten über Autor_innen weiterzugeben, usw.

17:00 Uhr: Da wir versuchen (was meistens nicht klappt) gegen 19:00 Uhr Feierabend zu machen, geht jetzt das fieberhafte Überlegen los – was muss heute noch erledigt werden und was kann bis morgen warten? Auf der großen Liste stehen: Verträge an Autor_innen, Rechnungen bezahlen, Bücher hochladen auf die E-Book Plattformen, Taschenbücher versenden an Autor_innen und/oder Buchhandlungen (dazu gehört auch, dass ich die Pakete selber packe und zur Post bringe), und vieles mehr.

18:00 Uhr: Schnell noch ein Abendessen. Danach wieder an meinen Computer zurück.

19:00 Uhr: Jeden Dienstag treffen wir uns als Team für ca. eine Stunde auf Skype. Auch hier sind wir eine internationale Gruppe: drei von uns sitzen in Kriftel, eine weitere hinter Mainz, eine in Freiburg, eine in der Nähe von Vancouver/USA und eine auf Lesbos/Griechenland. Wir gehen die Veröffentlichungen der nächsten Wochen durch (sind alle im Zeitplan, müssen wir etwas verschieben?) und jede erzählt, was sie auf dem Schreibtisch liegen hat oder wo es Probleme gibt, die wir dann versuchen, gemeinsam zu lösen.

20:00 Uhr: Ich würde so gerne schreiben, dass ich noch eine Stunde ins Sportstudio gehe… tue ich aber nicht. Meistens sitze ich im Wohnzimmer und lese irgendetwas; das kann entweder eine Manuskripteinreichung oder ein interessanter Artikel sein. Gerade weil wir international tätig sind und uns auf E-Books spezialisiert haben, gibt es eine Menge Fachartikel zu lesen, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. Wenn die Zeit reicht, lese ich noch englischsprachige Manuskripteinreichungen.

22:00 Uhr: Ab ins Bett. Manchmal schauen wir noch eine Folge einer Serie auf Netflix. So haben wir uns z.B. in den letzten Monaten durch so einige Staffeln von Doctor Who geguckt. Danach schaue ich noch einmal auf Facebook und Twitter vorbei.

23:00 Uhr: Schlafen. Hoffentlich. An manchen Tagen passieren so anstrengende oder auch unschöne Dinge, dass ich noch eine Weile wach liege und darüber nachgrüble. Zum Beispiel, wenn unser Internetanbieter technisch nicht in der Lage ist, unseren Tarif zu ändern und sich dies alles über Monate hinzieht. Oder wenn der Umzug unserer Website auf einen neuen Server doch nicht so reibungslos funktionierte wie wir gehofft hatten. Oft passieren aber auch schöne Dinge, die mich abends glücklich einschlafen lassen. Zum Beispiel, wenn ich von einer indischen Autorin angefragt werde, ob wir auch Interesse an Manuskripten haben, die in Indien spielen (ganz großes JA von uns). Oder, wenn eines unserer Bücher wieder einen Award gewonnen hat.

Also, wenn ich mir meinen Arbeitstag so anschaue… da bleibt doch noch eine Menge Arbeit übrig, selbst wenn die Autor_innen das Buch ja schon selber geschrieben haben.

Ein Tag im Leben einer Verlegerin

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