Westwärts ins Glück von JaeVor Kurzem erst hat Jae in den USA einen Preis für ihren Liebesroman „Perfect Rhythm – Herzen in Einklang“ gewonnen. Nach „Aus dem Gleichgewicht“ dürfen ihre deutschsprachigen Leser*innen sich nun auf einen weiteren historischen Roman freuen, der ebenfalls preisverdächtig ist. Im August veröffentlicht der Ylva Verlag den ersten Teil von „Westwärts ins Glück“. In unserem Interview erzählt Jae, was sie am Schreiben historischer Romane fasziniert, wie sie für „Westwärts ins Glück“ recherchiert hat und warum es mehr ist als eine Liebesgeschichte zwischen zwei Frauen.

 

Kannst du kurz erzählen, worum es in deinem neuen Roman „Westwärts ins Glück“ geht?

Der Roman spielt im Jahr 1851 auf dem Oregon-Trail, einer Route nach Westen, die damals von Siedlern in Planwagen genutzt wurde. Eine der Hauptfiguren ist Lucinda „Luke“ Hamilton, die als Mann lebt und sich einem Wagenzug nach Oregon anschließt. Um unter all den verheirateten Siedlern nicht aufzufallen, macht sie der Prostituierten Nora einen Heiratsantrag. Nora nimmt an, um ihrer dreijährigen Tochter ein besseres Leben ermöglichen zu können. Sie ahnt nicht, dass ihr frischgebackener Ehemann, mit dem sie die gefährliche und lange Reise nach Westen antritt, in Wirklichkeit eine Frau ist …

 

Der Roman erscheint im deutschsprachigen Raum als Zweiteiler. Warum?

Das hat praktische Gründe. Durch die historischen Details und die ausführliche Charakterentwicklung ist der Roman einfach zu lang, um in einem Band veröffentlicht zu werden. Statt wichtige Passagen zu kürzen und den Leser*innen einen Teil der Reise vorzuenthalten, haben wir uns stattdessen entschlossen, den Roman in zwei Teilen zu veröffentlichen.

 

Nach „Aus dem Gleichgewicht“ sind die beiden Teile von „Westwärts ins Glück“ dein zweiter historischer Liebesroman. Was macht die Arbeit an historischen Romanen für dich als Autorin besonders?

Die Recherchen! Ich interessiere mich sehr für Geschichte und für das Alltagsleben der Menschen in vergangenen Zeiten. Für „Westwärts ins Glück“ habe ich ungefähr ein Jahr recherchiert und weit mehr Material zusammengetragen, als ich für den Roman unbedingt gebraucht hätte. Es macht einfach Spaß, in das Leben der Menschen damals Einblicke zu gewinnen und sich vorzustellen, welchen Gefahren sie auf der Reise nach Oregon getrotzt haben, wie sie ihr Essen zubereitet haben und welche Ausrüstung und persönlichen Gegenstände sie mitgenommen haben.

 

Mit jedem neuen Tag auf Lukes und Noras abenteuerlichen Reise nach Oregon verändert sich auch das Setting. Neben der Landschaft beschreibst du auch das damalige Leben, gibst viele Infos zu den Umständen etc. Wie hast du zu diesem Roman recherchiert?

Ich habe viele Sachbücher zum Oregon-Trail und zum Alltagsleben der Menschen in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts gelesen.
Eine interessante Quelle waren auch Tagebücher der Menschen, die auf dem Oregon-Trail nach Westen reisten, und die ihre Erlebnisse aufgeschrieben haben, sowie Briefe an die im Osten zurückgebliebenen Angehörigen. Auch habe ich mir Kochbücher und Rezepte aus dieser Zeit angesehen, um zu erfahren, was die Menschen damals gegessen und wie sie ihre Nahrung zubereitet haben.

Viele Stunden habe ich auch damit zugebracht, altes Kartenmaterial zu studieren und mir jeden Abschnitt der Reise mit seinen Besonderheiten genau anzusehen, um genau nachvollziehen zu können, welchen Gefahren Nora und Luke ausgesetzt waren.

 

Schon mit „Perfect Rhythem – Herzen in Einklang“ hast du bewiesen, dass du als Schriftstellerin nicht vor schwierigen Themen zurückschreckst. In „Westwärts im Glück“ ist eine der Hauptfiguren, Luke, transgender, oder würdest du sie/ihn eher als genderqueer bezeichnen? Denn Luke entdeckt ja im Laufe der Geschichte immer mehr weibliche Seiten an sich.

Ich bin mir nicht sicher, ob man solche modernen Begriffe auf eine Person des neunzehnten Jahrhunderts eins zu eins übertragen kann. Luke wuchs in einer Gesellschaft auf, die das Geschlecht als etwas strikt Binäres ansah und die starre Geschlechterrollen hatte. Klar ist, dass Luke nie in die traditionelle Rolle der Frauen damals gepasst hat. Sie wollte ein unabhängiges Leben und die Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen—und das war damals nur wenigen Frauen möglich. Aber ihr Leben als Mann ist für sie auch mehr als nur ein notwendiges Übel. Wie sie Nora im Roman erklärt, fühlt sie sich so einfach am wohlsten. Schon möglich, dass sich Luke, wenn sie heute leben würde, als transgender, nicht-binär oder genderfluid identifizieren würde. Im Laufe des Romans und auch im Folgeroman, Hidden Truths, den ich nächstes Jahr ins Deutsche übersetzen möchte, entwickelt sich ihre Geschlechtsidentität und wird noch komplexer.

 

Was hat dich dazu inspiriert, das Thema Transgender/Genderqueer in einem lesbischen Liebesroman aufzugreifen?

Mein Ziel war es eigentlich weniger, ein bestimmtes Thema aufzugreifen, sondern mehr, eine einzigartige und drei-dimensionale Hauptfigur zu erschaffen, die ihr Leben außerhalb der Konventionen ihrer Zeit lebt. Inspiriert wurde ich dabei von mehreren historischen Personen, die in einem weiblichen Körper geboren wurden, aber zumindest zeitweise als Mann lebten. Laut Schätzungen haben bis zu vierhundert Frauen im US-Amerikanischen Bürgerkrieg als Soldaten gedient. Einige davon lebten auch nach dem Krieg als Mann weiter. Manche heirateten sogar und zogen Kinder auf. Diese Berichte haben mich dazu inspiriert, eine Figur wie Luke zu erschaffen.

 

Hattest du beim Schreiben die Befürchtung, das es die Fans deiner Liebesromane abschrecken könnte, weil sie es eventuell nicht für eine lesbische Liebesgeschichte halten könnten?

Darüber habe ich mir beim Schreiben keine Gedanken gemacht. Und zum Glück wären solche Befürchtungen auch grundlos gewesen. Auch mehrere Jahre, nachdem die erste Fassung des englischsprachigen Romans veröffentlicht wurde, erfreut sich das Buch bei LeserInnen großer Beliebtheit. Viele bezeichnen Luke als ihren absoluten Lieblingscharakter, egal, ob sie Luke nun als lesbische Frau oder als nicht-binäre Person empfinden.

 

Auch mit der anderen Hauptfigur Nora greifst du ein schwieriges Thema auf: Prostitution. Wie ist die Idee entstanden, aus Nora eine Prostituierte zu machen?

Luke entstand als erste Figur des Romans. Nachdem die Grundidee stand, brauchte ich eine zweite Hauptfigur, die verzweifelt genug war, um eine völlig fremde Person zu heiraten und mit ihr die gefährliche Reise nach Oregon anzutreten, ohne allzu viele Fragen zu stellen. Also gab ich Nora Lebensumstände, die ihr allen Grund gaben, diesen verzweifelten Schritt zu wagen. Durch die Heirat mit Luke, einem ehemaligen Offizier, möchte sie ihrer kleinen Tochter ein neues, besseres Leben ermöglichen.

 

Was magst du an deinen beiden Hauptfiguren und ihrer persönlichen Entwicklung während ihrer abenteuerlichen Reise?

Ihre Lebensumstände haben aus Luke und Nora Einzelgänger gemacht, die stets auf sich selbst angewiesen waren und niemandem so recht vertrauen. Ich fand es schön, mitzuerleben, wie sich das im Laufe der Reise und der gemeinsam bestandenen Abenteuer langsam ändert und sie beginnen, einander zu vertrauen und sich zu öffnen. Besonders ans Herz gewachsen ist mir Luke mit ihrer ehrenwerten Art. Anfangs hat sie kaum gewagt, Gefühle offen zu zeigen, aus Angst, dann für unmännlich gehalten zu werden, doch im Grunde hat sie ein ganz weiches Herz.

 

Am 9. Oktober erscheint dann der zweite Teil von „Westwärts ins Glück“. Kannst du einen kurzen Einblick geben, welche Abenteuer und Probleme auf Luke und Nora auf ihrer Reise gen Westen warten?

Die Hälfte der gefährlichen Reise liegt hinter Luke und Nora, doch weitere Hindernisse—Flußüberquerungen, Treibsand und Auseinandersetzungen im Wagenzug—liegen noch vor ihnen. Luke hat mittlerweile Noras Geheimnis herausgefunden, doch Nora hat zu Beginn von Band 2 noch immer keine Ahnung, wer ihr Ehemann wirklich ist. In Band 2 wird sich das nun ändern.

 

JaeJae hat früher als Psychologin gearbeitet, gab dann aber ihren Beruf auf, um sich ganz dem Schreiben zu widmen. Mittlerweile sind dreizehn ihrer Romane im Ylva Verlag veröffentlicht worden, zuletzt der Roman Westwärts ins Glück Teil 1 und Westwärts ins Glück Teil 2.

Jae über ihr neues Buch „Westwärts ins Glück“
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3 thoughts on “Jae über ihr neues Buch „Westwärts ins Glück“

  • 2. November 2018 um 09:51
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    Danke für dieses Interview.Es ist wunderbar das diese Geschichte jetzr auch auf deutsch gibt.Ich habe das englische Orginal sehr genossen und werde nun auf deutsch alles nocheinmsl lesem

    Antworten
  • 27. Februar 2019 um 20:14
    Permalink

    Guten Tag ,ich habe die Bücher verschlungen. Wird es auch eine Übersetzung von Hidden Truths und
    Lessons in Love and Life geben ?
    Grüße aus Berlin
    Ingo

    Antworten
    • 28. Februar 2019 um 16:35
      Permalink

      Ja, es wird von allen Teilen der Oregon-Serie eine Übersetzung geben. Soeben erschienen ist die Kurzgeschichtensammlung „Angekommen im Glück“ und im November wird der nächste Roman in der Reihe erscheinen.

      Ein indirektes Wiedersehen gibt es auch in „Aus dem Gleichgewicht“, da die Ärztin Dr. Lucy Hamilton Sharpe die Enkelin von Nora und Luke ist.

      Antworten

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