Der lesbische Roman Aus der Rolle gefallen ist das zweite Buch von Lee Winter, das vom Ylva Verlag ins Deutsche übersetzt wurde. Zu diesem Anlass haben wir mit der Autorin über Hollywood, Sexszenen und ihre brillanten Charaktere geredet.

Kannst du uns kurz zusammenfassen, worum es in deinem neusten queeren Liebesroman geht?

Stell dir vor, Elizabeth Thornton zu sein, das sogenannte „britische Biest“, Hollywoods berühmtester TV-Bösewicht, ganz zu schweigen davon, dass sie eine nicht geoutete Lesbe ist. Und dann musst du so tun, als wäre ein übertrieben fröhliches Mädchen aus LA deine Freundin. Und das alles, um eine Filmrolle zu bekommen (das ist eine lange Geschichte!). Elizabeth ist davon nicht gerade begeistert.

Summer Hayes ist selbst auch lesbisch und nicht out. Ihre Emotionen werden in das reinste Chaos gestürzt, denn sie ist seit Jahren in Elizabeth verknallt und muss jetzt vorgeben, ihre Freundin zu sein. Und dass, obwohl die imposante Frau sie, naja, zu hassen scheint.

Ich hatte so viel Spaß beim Schreiben, es war fantastisch. Es steckt viel Humor darin und fühlt sich an manchen Stellen wie ein skurriles, britisches Drama an.

Aber das faszinierendste an Aus der Rolle gefallen war für mich, hinter die Kulissen von Hollywood zu schauen.

 

Du bist Australierin, aber Aus der Rolle gefallen spielt in Los Angeles und bietet Einblick in die Maschinerie von Hollywood und den Umgang mit den guten und schlechten Seiten von Ruhm. Wie hast du für diese Aspekte der LGBT+ Neuerscheinung recherchiert und was war das Überraschendste, das du über das Leben von Schauspielerinnen herausgefunden hast?

Meine Recherche bestand darin, im Internet so viele Berichte aus erster Hand von Schauspielerinnen zu lesen, wie ich konnte. Unter anderen ging es mir darum, wie sie bestimmte Anforderungen ihres Berufes angehen, zum Beispiel Sexszenen. Und ich hatte das große Glück, die Hollywood-Schauspielerin Kay Aston als Beta-Leserin zu gewinnen. Sie war großartig und hat mich auf die Stellen hingewiesen, bei denen ich nicht authentisch genug war.

Das Überraschendste war, zu hören, was Schauspielerinnen alles über sich ergehen lassen müssen, um Rollen zu bekommen. Wie oft erwarten wir als Zuschauer beispielsweise, die Darstellerinnen auch nackt zu sehen?

Ich weiß jetzt, wie verletzlich und offen für Ausbeutung die Schauspielerinnen in Sexszenen sein können. Das hat eine Szene von Elizabeth und Summer sehr beeinflusst. Sie sind zwei Frauen, die sich respektieren, aber nicht sonderlich gut kennen und schon relativ früh eine sehr konfrontierende Sexszene zusammen drehen müssen.

 

Sagen wir jemand hat Lust, seine Freizeit damit zuzubringen, sich in Tagträumen über Elizabeth und Summer zu verlieren und massenweise Fanart und Fanfiktion zu kreieren. Gibt es reale Personen, von denen man sich inspirieren lassen könnte?

Diese großartige, hypothetische Leserin sollte einen Blick auf Caitriona Balfe und Melissa Benoist werfen. Die beiden Schauspielerinnen waren die physischen Vorlagen für Elizabeth und Summer. Dieses Foto war monatelang an meiner Pinnwand befestigt: https://www.instagram.com/p/BgcrKvCArp7/

 

Du warst Zeitungsjournalistin, bevor du Vollzeitautorin wurdest. Und viele Charaktere deiner queeren Bücher haben Jobs in diesem Bereich. Macht es für dich einen Unterschied, ob du Charaktere aus einem Umfeld schreibst, mit dem du vertraut bist, oder Charaktere, für deren Berufe du recherchieren musst?

Man sollte meinen, dass Bücher über Journalistinnen für mich einfacher wären, oder? Ja, das hab ich auch gedacht, aber das ist eine listige kleine Falle.

Als ich mich bereits auf den Lorbeeren für meinen Roman The Red Files ausgeruht habe, fragte mich ein amerikanischer Redakteur, was eigentlich ein Sozialschriftsteller ist. Das war die Berufsbezeichnung für Lauren – eine Person, die stellvertretend für ihre Zeitung an ‚sozialen‘ Veranstaltungen teilnimmt. Und ich hatte angenommen, dass das auch in Amerika eine gängige Stellenbezeichnung war. Aber nein…

Das Fazit ist also, dass ich bei einem Thema wie Schauspielerei genau weiß, was ich nicht weiß (mit anderen Worten, ich weiß nichts). Bei einem Berufsfeld, in dem ich drei Jahrzehnte lang gearbeitet habe, musste ich erst herausfinden, wo genau meine Wissenslücken liegen.

 

Elizabeth und Summer sind großartige Hauptcharaktere. Aber du hast auch eine einnehmende Besetzung von Nebencharakteren geschaffen. Jetzt habe ich gehört, dass es auch ein Spin-Off-Buch zu Aus der Rolle gefallen geben wird. Kannst du etwas darüber verraten, was uns dort erwarten wird?

Changing the Script by Lee WinterDass Changing the Script ein Spin-Off ist bedeutet, dass es dem eigenen Abenteuer sekundärer Charakteren von Aus der Rolle gefallen folgt. Trotz der bekannten Charaktere kann das Buch aber auch unabhängig von Aus der Rolle gefallen gelesen werden.

Es geht um eine Freundin von Elizabeth, die Indie-Regisseurin Alex. Sie reist nach Neuseeland, um dort den „schlimmsten Film aller Zeiten“ zu drehen. Sie wird begleitet von Summers bester Freundin Chloe und Summers Mutter Skye, die an dem Projekt mitarbeiten.

In Neuseeland hat Alex immer wieder konfliktreiche Begegnungen mit der hübschen, aber nervigen Lokalpolizistin Samantha Keegan. Und Keegan hasst diesen schrecklichen, peinlichen Film mit voller Leidenschaft.

Changing the Script ist das charmanteste Buch, das ich bisher geschrieben habe. Ich liebe die neuseeländischen Nebenfiguren und den Handlungsort. Es hilft, dass ich in Neuseeland geboren wurde und es mir alles vertraut war. Mein Onkel ist Gartenbauspezialist in Neuseeland und hat mir zudem viel bei der Beschreibung meines fiktionalen Waldes geholfen. Nur muss ich ihm jetzt ein Exemplar (komplett mit lesbischen Sexszenen) geben und das wird etwas peinlich werden!

Jedenfalls sind meine Charaktere in diesem Buch ein lockerer, sympathischer Haufen und die Stimmung wird unglaublich humorvoll sein.

 

Aus der Rolle gefallen ist Lee Winters zweite deutsche Veröffentlichung. Lee ist eine preisgekrönte australische Zeitungsjournalistin, die auch für ihre Romane schon mehrere Auszeichnungen erhalten hat. Nachdem sie im Lauf ihres Berufslebens in fast allen australischen Bundesstaaten gewohnt hat, ist sie mittlerweile mit ihrer Partnerin in Westaustralien sesshaft geworden. Seit 2016 ist sie Vollzeitschriftellerin und Teilzeitlektorin. In ihrer Freizeit findet man sie entweder bei der Gartenarbeit, mit einer neuen technischen Spielerei in der Hand oder stirnrunzelnd vor dem Fernseher.

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